„Quantensprung für das agile Fahren“:
der RS Torque Splitter
- Wie ein Entwicklungsfahrer und ein Testingenieur Hand in Hand arbeiten
- Nürburgring-Nordschleife als ideales Prüffeld für Tests im Grenzbereich
- Mehr Variabilität auf der Hinterachse zugunsten schnellerer Kurvenfahrten
„Ein Quantensprung für das agile Fahren“ – so bezeichnet Renn- und Entwicklungsfahrer Frank Stippler den Torque Splitter mit seiner vollvariablen Momentenverteilung an der Hinterachse. In Kürze bringt Audi diese Technik erstmals in einem sportlichen RS-Modell der Kompaktklasse zum Serieneinsatz. Im Interview sprechen Frank Stippler und Meic Diessner, Entwicklungs- und Testingenieur für den Bereich Fahrwerk, über den Entwicklungs- und Abstimmungsprozess des Torque Splitters im RS 3-Prototypen. Gemeinsam sorgten sie während der gesamten Entwicklungszeit im Rahmen unterschiedlicher Test- und Einstellzyklen auf der Nürburgring-Nordschleife dafür, dass die neue Technologie sowohl die Ansprüche sportlich ambitionierter Fahrer_innen auf der Rennstrecke als auch komfortorientierter Kund_innen im Alltag erfüllt. Dazu gehörten auch zwei in sich abgeschlossene, 8.000 Kilometer lange Dauerläufe.
Herr Diessner, Herr Stippler, wie gestaltete sich Ihre Zusammenarbeit im Entwicklungs- und Abstimmungsprozess des RS Torque Splitter?
Meic Diessner: Frank ist in diesem Prozess für uns enorm wichtig. Er bringt sehr viel Erfahrung mit, speziell auf dem Nürburgring. Deshalb sind seine Rückmeldungen für die Abstimmung und gerade für den Torque Splitter entscheidend. Bei den Erprobungen bin ich vor Ort und fahre im Rahmen des dreiwöchigen Dauertests auch selbst. Ich rüste das Fahrzeug mit Messtechnik aus und vergleiche die Messdaten mit den Rückmeldungen von Frank, um bei Bedarf die Abstimmung zu ändern.
Frank Stippler: Neben meiner Erfahrung und der Fähigkeit, schnell Auto zu fahren, helfen mir in einem derartigen Prozess natürlich meine Ausbildung als Kfz-Mechaniker und das Studium zum Maschinenbau-Ingenieur. Die Rückmeldung des Fahrzeugs kann ich sofort technisch einordnen und an Meic weitergeben. Gleichzeitig versteht er mich, wenn ich über das Feedback spreche, das mir das Auto auf der Strecke vermittelt.
Was ist wichtiger: die Messdaten oder die Rückmeldungen des Entwicklungsfahrers?
Meic Diessner: Die Daten und die Eindrücke von Frank fließen zu gleichen Teilen in die Abstimmung des Torque Splitters ein. Die Rückmeldungen eines Rennfahrers sind aber sehr wichtig für uns, weil er sich im Grenzbereich auf der Rennstrecke bewegt. Die Messtechnik hilft mir dabei, bestimmte Parameter aufgrund der Beschreibungen von Frank zu ändern. Das eine funktioniert nicht ohne das andere.
Wie fühlt sich der Torque Splitter im RS 3-Prototypen an? Und warum wurde er verbaut?
Frank Stippler: Generell fährt sich das Fahrzeug von Kurvenmitte bis Kurvenausgang sowie beim Herausbeschleunigen viel agiler. Allradfahrzeuge sind zwar sehr spurstabil unterwegs, neigen aber im absoluten Grenzbereich zum Untersteuern. Wir haben nach einer Lösung gesucht, die dieses Fahrverhalten abmildert. Der Torque Splitter verteilt mehr Last auf die Hinterachse. Damit entwickelt das Auto eine tendenziell übersteuernde Fahrdynamik. Und hier kommt das System Audi drive select ins Spiel, das dazu beiträgt, diese Tendenz je nach Einsatz, Streckenverhältnissen und Vorlieben zu dosieren. Richtig schnell unterwegs sind wir im Modus RS Performance, der Einstellung für die Rundstrecke, der besonders auf Semi-Slick-Reifen ausgelegt ist. Für mich ist der RS Torque Splitter ein Quantensprung, was das agile Fahren angeht.
Wann genau fließen die Erkenntnisse von Frank Stippler in die Abstimmung ein?
Meic Diessner: Das passiert natürlich in erster Linie während der zwei Rennstrecken-Dauerläufe über jeweils 8.000 Kilometer auf dem Nürburgring. Diese ausgedehnten Testläufe spielen während der Entwicklung eine ganz wichtige Rolle für die Praxistauglichkeit – und damit auch den Serieneinsatz des Torque Splitters.
Welche Parameter lassen sich während dieser Tests noch verändern?
Meic Diessner: Grundsätzlich wird die Software während der Entwicklungszeit immer komplexer. Diese müssen wir auf die zur Verfügung stehenden Fahrmodi anpassen – von auto bis RS Torque Rear, der auf abgeschlossenen Strecken das kontrollierte Driften ermöglicht. In der Praxis heißt das: Frank fährt, gibt Rückmeldung, wir adaptieren und fahren im Wechsel – so lange, bis es passt.
Wann ist die Serienreife erreicht?
Frank Stippler: Mit der Zeit entwickelt man ein Gefühl dafür. Ich bringe meine Meinung ein, weil ich das Fahrzeug am absoluten Limit bewege und im Blick habe, welche Anforderungen die Kundschaft an dieses Auto stellt. Wenn Meic und ich nach Testfahrten einer Meinung sind, dann bekräftigt das ein Gesamtbild, das wir von den Eigenschaften des Torque Splitters gewonnen haben. Und das muss für alle an der Entwicklung Beteiligten stimmig sein. Besonders wichtig in diesem Prozess ist das Prüffeld Nordschleife. Der RS 3-Prototyp bildet ein breites Bedarfsspektrum ab, mit dem sportlich ambitionierte Kunden angesprochen werden. Aber auch Käufer, die nicht oder nur selten auf der Rennstrecke unterwegs sind, berücksichtigen wir.
Wie intelligent ist der Torque Splitter?
Meic Diessner: Er erkennt zum Beispiel, ob die Fahrbahn nass oder trocken ist. Dafür muss die fahrende Person nicht extra den Modus wechseln. Das heißt, dass das Fahrzeug im Modus RS Performance auf nasser Fahrbahn automatisch anders reagiert als im Trockenen. Hinzu kommt, dass der Fahrer bis zur Höchstgeschwindigkeit von der Variabilität des RS Torque Splitter profitiert. Er ist also immer mit quattro-Antrieb unterwegs, wenn es erforderlich ist.
Warum ist es bei der Fahrzeugabstimmung wichtig, nicht nur schnell zu sein?
Frank Stippler: Weil wir verstehen wollen, wie Hardware und Elektronik in allen erdenklichen Fahrsituationen ineinanderwirken. Kurzum, um den technischen Gesamteindruck eines Autos im Auge zu behalten. Es geht nicht um mich oder darum, das Auto maximal schnell für die Rennstrecke abzustimmen. Um den weitergehenden Ansprüchen der Kundschaft an Dynamik und Fahrkomfort zu entsprechen, hilft es sicherlich, dass ich nicht nur schnell im Kreis fahre, sondern darüber hinaus technische Zusammenhänge einordnen kann.
Worauf dürfen sich Audi-Fans also freuen?
Frank Stippler: Auf ein Auto, das ein sehr breites Bedarfsspektrum abbildet: von komfortabel im Stadtverkehr bis maximal schnell auf der Rennstrecke.Undauf ein Auto, das in seiner Klasse einzigartig ist und Emotionen versprüht.
Meic Diessner: Wir sprechen über einen rundum gelungenen, sportlichen Allrounder mit Fünfzylindermotor und einem tollen Sound, der für Gänsehaut sorgen wird. Dazu kommt ein sportlich ausgewogenes Fahrwerk mit dem RS Torque Splitter, der in Verbindung mit den Fahrmodi sehr viele Variationen in das Fahrzeug bringt und die Fahrdynamik auf ein höheres Level hebt.