Wachstumsjahre: Zwischen Neckarsulm und Nürburgring
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„Wir hatten ja schon eine Marke geschaffen. Aber Werner Frowein hat diese weiterentwickelt und nicht nur die Fundamente gelegt, sondern auch gleich den ersten und zweiten Stock gebaut.“
Thomas Degenhard, ehemaliger Kundenberater Fahrzeugindividualisierung der quattro GmbH
1998 beginnt für die damalige quattro GmbH gleich in zweierlei Hinsicht ein Umbruch. Nachdem sie bisher am Hauptsitz der AUDI AG in Ingolstadt angesiedelt war, zieht das Unternehmen nach Neckarsulm um. Zudem bekommt es Mitte des Jahres mit Werner Frowein einen neuen Geschäftsführer, der die Unternehmensentwicklung in den kommenden 14 Jahren prägen wird. Mit der Verpflichtung des erfahrenen Automobiltechnikers und -managers durch den Vorstandsvorsitzenden der AUDI AG Franz-Josef Paefgen wird die quattro GmbH neu strukturiert und es entstehen eigene Entwicklungs-, Vertriebs- und Marketingbereiche. „Diese Maßnahmen ermöglichen es uns, besser auf die Wünsche der einzelnen Märkte und somit noch gezielter auf die Ansprüche der Kunden einzugehen“, erklärt der Geschäftsführer diesen Schritt.
In der Ära Froweins vergrößert sich das Modellportfolio deutlich: Ausgehend von einem Modell wird das Portfolio auf verschiedene Fahrzeugsegmente ausgeweitet. 2012, als Frowein in den Ruhestand geht, umfasst es bereits acht Modelle. „Werner Frowein war genau der richtige Mann für diesen Job“, erinnert sich Stephan Reil, langjähriger Entwicklungsleiter der quattro GmbH. Dies unterstreicht auch Thomas Degenhard, ehemaliger Kundenberater Fahrzeugindividualisierung: „Er hat extrem viel Energie in unsere Projekte gesteckt und sich für eine schnellstmögliche Realisierung eingesetzt. Wir hatten ja schon eine Marke geschaffen. Aber er hat diese weiterentwickelt und nicht nur die Fundamente gelegt, sondern auch gleich den ersten und zweiten Stock gebaut.“
Während dieser Zeit beginnt auch die besondere Verbindung der quattro GmbH zur Nürburgring-Nordschleife. Entscheidungsträger wie Werner Frowein und Stephan Reil sind durch den Motorsport und die legendäre „Grüne Hölle“ geprägt, die als anspruchsvollste Rennstrecke der Welt gilt – sowohl für die Fahrer als auch für die Technik. Daher werden seit Ende der 1990er-Jahre alle High-Performance-Fahrzeug der Serie unter extremen Bedingungen auf der Nordschleife erprobt. Jedes RS- und R-Modell muss dort mehrere Tausend Kilometer zurücklegen, bevor es in Serie geht. Der erste Dauerlauf findet in der ganz frühen Entwicklungsphase mit einem Prototyp und vielen Versuchsteilen statt – zur Absicherung des technischen Konzepts und zum Auffinden von Schwachstellen. Beim zweiten Dauerlauf kommt dann ein Fahrzeug aus der Vorserie zum Einsatz. „Der Raffungsfaktor liegt auf der Nordschleife, je nach Bauteil, zwischen 10 und 15“, erklärt Stephan Reil. „Das heißt, dass die Belastung für das Auto pro Rennstreckenkilometer in etwa der Belastung auf zehn bis 15 Straßenkilometern entspricht.“
Audi Sport-Fahrer Frank Stippler, zweimaliger Sieger des 24h-Rennens und seit 2003 in das Testprogramm der Serienfahrzeuge involviert, weiß, was die Nordschleife so anspruchsvoll macht: „Man kann dort vor dem Produktionsstart bei einem Dauerlauf letzte Schwachstellen herausfiltern, was auf dem Prüfstand oder in der Simulation immer noch nicht möglich ist. Als Rennfahrer kann ich im absoluten Grenzbereich testen und so den Audi-Ingenieuren bei der Feinabstimmung zusätzlichen Input geben.“ Mit den Hochleistungsmodellen der quattro GmbH sind diese Härtetests in der „Grünen Hölle“ zum unverzichtbaren Bestandteil der Entwicklungsfreigabe für die Serienfertigung geworden.