Gesundheit bei Audi: „Muskeln bewahren, Psyche fokussieren“
Für Audi hat die Gesundheit der Mitarbeitenden oberste Priorität – das beweist seit Kurzem auch die Zertifizierung mit dem Deutschen Siegel Unternehmensgesundheit in Gold. Dr. Andreas Haller, Leiter des Gesundheitswesens bei Audi, erklärt im Interview, wie die vier Ringe konkret in die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden investieren und vor welchen Herausforderungen das Gesundheitsmanagement in Zeiten der Transformation steht.
Herr Dr. Haller, welche Schwerpunkte sehen Sie aktuell im Gesundheitsmanagement?
Andreas Haller: Für uns ist ein ganzheitlicher Ansatz wichtig. Wir haben bei Audi Mitarbeitende, die körperlich starke Leistung erbringen. Wir unterstützen sie genauso wie diejenigen, die beispielsweise durch die Büroarbeit darauf achten müssen, sich genug zu bewegen. Bedürfnisse können sehr individuell sein, da müssen wir jede Person genau anschauen. Dazu kommt unter anderem die Zusammenarbeit mit der Audi Gastronomie – hier beraten wir zum Thema gesunde Ernährung.
Und dann ist ganz klar die Komponente der mentalen Fitness zu nennen. Die Arbeitswelt verändert sich zurzeit massiv, die Komplexität der Aufgaben steigt, die Informationsflut ist enorm – das macht etwas mit den Menschen. Wir kennen Wege, wie man damit auf gesunde Art umgehen kann. Unser Credo ist „Muskeln bewahren, Psyche fokussieren“. Da bleiben wir dran.
Was bedeutet das konkret?
Andreas Haller: Wir haben schon vor einigen Jahren ein umfassendes Programm gestartet, um das Thema psychische Gesundheit präsenter zu machen und zu enttabuisieren – „Jede_r hat Psyche“ haben wir das genannt.
Das hat sich bewährt, der Umgang mit dem Thema ist offener geworden. Darauf aufbauend haben wir unser Audi Check-up-Konzept, unser Gesundheitsvorsorgeangebot, das allen Mitarbeitenden zur Verfügung steht, um den Mental Health Check-up ergänzt. Da geht es auch und vor allem um Prävention – wir wollen den Menschen das Rüstzeug geben, gesund zu bleiben und gar nicht erst in Krisensituationen zu geraten, die dann eine Therapie erfordern.
Und wie hat sich dieses Programm ausgewirkt?
Andreas Haller: Es hat sich mehr als gelohnt. Wir konnten signifikant Belastungssymptome reduzieren und Menschen wirksam helfen. Unsere Ergebnisse haben wir auch publiziert.* Sie haben uns darin bestärkt, hier weiter zu investieren. Deswegen haben wir im vergangenen Jahr unter anderem vier Psycholog_innen für diesen Bereich eingestellt, die die Weiterentwicklung der Konzepte vorantreiben.
Wobei das Grundprinzip auch für die anderen Bereiche im Gesundheitswesen gilt: Was man durch Prävention verhindert, muss nicht langwierig therapiert und behandelt werden – das gilt für die Psyche genauso wie für den Rücken oder die Augen.
Das klingt, als müsse man das Thema auch kulturell angehen?
Andreas Haller: Auf jeden Fall muss man die Menschen mitnehmen und einbeziehen. Das geht auf verschiedenen Wegen, unter anderem haben wir dafür unsere „Health Guides“. Dabei handelt es sich um mittlerweile über 90 Mitarbeitende aus verschiedenen Bereichen, die für die Kolleg_innen da sind, ganz niedrigschwellig. Durch diese Health Guides können wir Angebote weitervermitteln, zielgruppengerecht auf die Menschen zugehen, und wir bekommen wertvolle Informationen aus den Arbeitsprozessen.
Außerdem müssen wir die Führungskräfte mit an Bord haben. Diese haben eine Multiplikatorenfunktion, sind für die Mitarbeitenden oft die ersten Ansprechpersonen. Da ist Sensibilisierung ganz wichtig – abgesehen davon, dass Führungskräfte selber auch Hilfestellungen benötigen können, um mit mentalen Belastungen umzugehen.
Audi ist gerade mit dem Deutschen Siegel Unternehmensgesundheit ausgezeichnet worden – eine Bestätigung für Sie?
Andreas Haller: Das freut uns natürlich, zumal wir das erste Unternehmen in der Automobilbranche sind, das diese Auszeichnung erhalten hat. Für uns ging es im Zertifizierungsprozess aber nicht darum, uns auf die Schulter klopfen zu können – wir wollten wissen, wo wir uns noch verbessern können. Dass wir das Siegel bei unserer ersten Zertifizierung sogar in Gold verliehen bekommen haben, ist wertvoll, aber nicht so wertvoll wie die zusätzlichen Erkenntnisse, die wir durch den Zertifizierungsprozess gewonnen haben.
Wir haben uns mit Professor Bertolt Meyer und seinem Team von der TU Chemnitz sehr intensiv ausgetauscht, die Evaluierung war sehr umfangreich, beispielsweise auch durch die Befragung von Mitarbeitenden. Da wurden alle Aspekte eines modernen und ganzheitlichen Gesundheitsmanagements abgedeckt. Da geht es um klassischen Arbeitsschutz und betriebliches Eingliederungsmanagement, aber auch um zusätzliche Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung.
Schlussendlich haben wir festgestellt, dass wir die Bekanntheit und Nutzung unserer Maßnahmen bei den Mitarbeitenden noch weiter steigern wollen. Gleichzeitig können wir auch in unseren Prozessen wachsen. Wir machen da schon viel, aber es geht noch besser. Wichtig ist mir in diesem Zusammenhang, dass wir Gesundheitsmanagement als interdisziplinäre Aufgabe verstehen. Viele haben bei Audi dazu beigetragen, dass wir das Siegel in Gold erhalten haben. Und nur gemeinsam können wir das Gesundheitsmanagement bei Audi stärken und Gesundheit auch zu einem Wettbewerbsvorteil für Audi werden lassen.
* Zill, Alexander, Dilba, Dominik, Meyer, Bertolt, Lobers, Stefanie, Stubenvoll, Oliver, Weiler, Stephan, Stoev, Marieta, Heinrich, Ute und Haller, Andreas. (2022). Psychische Gesundheit erfolgreich stärken: Mental Health Checkup als Präventionsangebot bei der AUDI AG. ASU Arbeitsmedizin Sozialmedizin Umweltmedizin. 2022. 691–694. 10.17147/asu-1-233041.
Kurzbiografie
Dr. med. Andreas Haller leitet seit 2017 das Gesundheitswesen der AUDI AG. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements ist neben der arbeitsmedizinischen Vorsorge und betriebsärztlichen Betreuung der Audi Belegschaft auch ein ganzheitliches Präventionsprogramm. Der Facharzt für Allgemein- und Arbeitsmedizin ist seit dem Jahr 2000 bei Audi, wo er vor seiner heutigen Tätigkeit unter anderem die Leitung des Gesundheitszentrums am Standort Neckarsulm und die Leitung des Gesundheitszentrums Ingolstadt Süd innehatte.