Ein Typ mit Ecken und Kanten: der NSU „Uruguay“
- Südamerikanischer NSU-Importeur produziert zwischen 1969 und 1971 rund 500 Kombis auf Basis des NSU Prinz 1000
- Zum 150-jährigen Jubiläum der Traditionsmarke NSU: Serie mit Klassikern und Raritäten aus der NSU-Modellgeschichte – Folge 4
Er ist definitiv ein Exot in der NSU-Familie: der NSU „Uruguay“. So nennen die Neckarsulmer den rustikalen Kombi damals salopp. Zwischen 1969 und 1971 fertigt der NSU-Importeur in Montevideo insgesamt rund 500 Stück von dem recht kantig geratenen Auto, das es in den Varianten P6 beziehungsweise P10 gibt. Audi Tradition stellt den NSU Uruguay in dieser vierten Folge der Jubiläumsserie zur NSU-Geschichte vor.
Ein Typ mit Ecken und Kanten – so als wäre er mit dem Lineal gezeichnet; der NSU Uruguay passt so gar nicht in die Formensprache der NSU-Automobile in den späten 1960er Jahren. Wie das kam: Mehr oder weniger in Eigenregie produziert und vertreibt der NSU-Importeur in Uruguay, die Firma Quintanar, seit Anfang 1968 einen Kombi und nutzt dafür technische Baugruppen des Zweizylindermodells NSU Prinz 4. Bis Ende 1968 bringt die Firma 140 Stück von ihm auf den Markt. Der Importeur will jedoch mehr, vor allem möchte er einen stärkeren Motor für seinen Kombi: am besten einen Vierzylinder. Um abzuklären, ob das machbar ist, trifft man sich im Mai 1969 im Werk Neckarsulm. Für diese Besprechung wird zuvor eine „nackte“ Musterkarosserie per Luftfracht nach Neckarsulm geschickt, mit der die NSU-Entwickler einen Prototyp aufbauen. Das Ergebnis: In den Motorraum passt der Vierzylinder des NSU Prinz 1000 nicht ohne größere Umbauten, im Kombi-Heck findet er jedoch Platz. Dass dabei viel Stauraum verloren geht, stört die Quintanar-Vertreter offenbar nicht und auch eine durchaus längere Mängelliste der Neckarsulmer TE hält sie nicht von ihrem Vorhaben ab. Denn die Prüfbehörde in Darmstadt bewertet den NSU-Kombi, abgesehen von einigen „leicht zu behebenden Beanstandungen“, insgesamt positiv und gibt grünes Licht. Und so laufen in Südamerika zwischen 1969 und 1971 etwa 500 Kombis in seinen Modellvarianten P6 und P10 vom Band. 1971 zieht sich NSU aus dem Markt Uruguay zurück; damit ist auch das Aus für „den Uruguay“ besiegelt. Heute ist der Prototyp des NSU P10 – der erste und einzige seiner Art, der je auf Deutschlands Straßen gefahren ist – Teil der historischen Fahrzeugsammlung der AUDI AG und in dieser Sammlung definitiv eines der außergewöhnlichsten, kantigsten und markantesten Exemplare.
Technische Daten zum NSU „Uruguay“ P10 (Prototyp 1969) der historischen Fahrzeugsammlung der AUDI AG | |
---|---|
Motor: | Luftgekühlter Vierzylinder-Reihenmotor, Viertakt |
Leistung: | 43 PS bei 5.000 U/min. |
Hubraum: | 996 Kubikzentimeter |
Höchstgeschwindigkeit: | 120 km/h |
Verbrauch: | 6,5 – 7,5 Liter/100 km |
Bauzeit: | 1969 – 1971 |
Gesamtproduktion: | ca. 500 Stück (NSU P6 und NSU P10) |
Noch bis Dezember stellt Audi Tradition im Jubiläumsjahr jeden Monat ein NSU-Modell vor: von den Klassikern der Marke – ob mit zwei oder vier Rädern – bis hin zu Prototypen und Raritäten. Wer noch ein paar Details mehr zu diesem besonderen Fahrzeug erfahren oder auch noch das ein oder andere Bild von ihm sehen möchte, dem sei das Buch von Ralf Friese und Stefan Warter empfohlen: „Einblicke. Die Fahrzeugsammlung der AUDI AG“, 1. Auflage 2022, Delius Klasing Verlag, Bielefeld. Erhältlich im Buchhandel, im Museumsladen Ingolstadt, im Audi Forum Neckarsulm und im Audi Tradition Online Shop unter www.audi.de/tradition-parts.