• Der R8 war der erste Supersportwagen von Audi und entstand in Zusammenarbeit mit dem Tochterunternehmen Lamborghini
  • Seit 2007 verließen insgesamt 45.949 Exemplare das Werk Neckarsulm und die Manufaktur in den Böllinger Höfen
  • Ein Highlight ist das letzte Sondermodell: der R8 V10 GT RWD mit Hinterradantrieb

Eine Supersportwagen-Legende verabschiedet sich: Der Audi R8 hat in 17 Jahren gleichermaßen Herzen erobert und Erfolge gefeiert. Nach 45.949 produzierten Exemplaren lief im März 2024 in den Böllinger Höfen der letzte R8 vom Band. Ein Rückblick auf eine unvergleichliche Erfolgsgeschichte.

Atemberaubendes Design, betörender Motorsound und eine Fahrdynamik, wie sie kein anderer straßenzugelassener Audi bis dahin aufbieten konnte: Bei seiner Vorstellung im Jahr 2006 war der R8 eine Revolution – national und international. Ein Mittelmotor-Supersportwagen; das hatte es bei Audi noch nie gegeben. Mit dem R8 rückte Audi in exklusivere Segmente vor, die bislang von Namen wie Ferrari, Porsche und Lamborghini dominiert wurden.

Der Audi R8 wurde in der damaligen quattro GmbH (heute Audi Sport GmbH) entwickelt und gebaut. Er wurde auf Anhieb zur sportlichen Ikone des Produktportfolios und trägt bis heute zum exklusiven Image der Marke Audi bei. Die Bezeichnung R8 bezieht sich auf ein erfolgreiches Rennfahrzeug, das Audi in Le Mans zu einem der siegreichsten Hersteller aller Zeiten machte: 1999 initiierte Audi sein legendäres Le-Mans-Programm mit einem Sportprototyp, der in der LMP900-Klasse startete. Dieser Rennprototyp trug als Erster den Namen R8. Er gewann das 24-Stunden-Rennen in Le Mans in den Jahren 2000, 2001, 2002, 2004 sowie 2005 und ist damit der Le-Mans-Sportwagen der Neuzeit mit den meisten Siegen. Noch erfolgreicher war der Prototyp nur bei den 12 Stunden von Sebring, einem Rennen in den USA, das er durchgehend von 2000 bis 2005 gewann. Mit diesen Triumphen steigerte Audi sein internationales Motorsportprestige und legte den Grundstein für den R8-Supersportwagen für die Straße.

Der Audi Le Mans quattro als Vorschau auf den R8

Der Audi Le Mans quattro gab einen ersten Vorgeschmack auf das Serienprodukt. Das erstmals auf der Internationalen Automobilausstellung 2003 gezeigte Concept Car sollte „ein alltagstauglicher Hochleistungssportwagen sein; eine Fahrmaschine, die gleichzeitig keine Abstriche bei Komfort und Benutzerfreundlichkeit macht“, sagte der technische Leiter des Projekts, Bernhard Voll.

Das Exterieurdesign des Le Mans quattro stammt von Designer Frank Lamberty, der auch heute noch bei Audi emotionale Fahrzeuge gestaltet. Er formulierte die Anforderungen an einen alltagtauglichen Hochleistungssportwagen so: „Mit dem Le Mans quattro kann man Rekordrunden auf der Rennstrecke ebenso fahren, wie problemlos vor dem Friseursalon einparken. Das machte die ganze Sache für uns zu einer Herausforderung.“

Technisch basiert der Le Mans quattro auf dem Lamborghini Gallardo. Mit dem Le Mans quattro debütierten etliche technologische Meilensteine, etwa LED-Scheinwerfer, der Audi Space Frame mit Kohlefaserhaut, das digitale Cockpitdisplay oder das adaptive Fahrwerk Audi magnetic ride. Absolutes Highlight war der 5,0 Liter große V10 mit doppelter Turboaufladung und Benzindirekteinspritzung: Er leistete 610 PS und ein maximales Drehmoment von 750 Newtonmetern – ein automobiles Machtwort.

Der erste Audi R8 feierte 2006 Premiere

Die erste Generation des Audi R8 feierte 2006 auf dem Pariser Autosalon seine Weltpremiere – und glich optisch beinahe vollends dem Le Mans quattro. Technisch gab es im Vergleich zum Concept Car einige Unterschiede: Das Serienfahrzeug hatte zunächst einen 4,2-Liter-V8-FSI-Mittelmotor hinter der Fahrgastzelle. Dieses Triebwerk leistete 420 PS (später 430 PS) und – abgesehen von der rennstreckenfesteren Trockensumpfschmierung – war nahezu identisch mit dem Aggregat aus dem damals aktuellen Audi RS 4 (B7). Später kam noch eine bis zu 570 PS starke V10-Variante hinzu, die den 5,2-Liter-Saugmotor aus dem Konzernschwestermodell Lamborghini Gallardo übernahm.

Beim Fahrwerk setzte Audi auf das damals neue Audi magnetic ride, das ein Straffen der Stoßdämpfer auf Knopfdruck erlaubte. In den Kolben der Stoßdämpfer zirkuliert ein synthetisches Kohlenwasserstofföl, in dem mikroskopisch kleine Magnetpartikel eingeschlossen sind. Bei aktivierten Magnetspulen – das war im Sportmodus der Fall – legen sich diese Partikel quer zur Strömungsrichtung des Öls in den Kolbenkanälen und hemmen so seinen Durchfluss.

Für die erste Generation des R8 gab es zunächst auch noch ein Handschaltgetriebe mit offener Kulisse. Die Kraft verteilte der Allradantrieb quattro auf alle vier Räder, wobei maximal 30 Prozent an die Vorderachse geleitet werden konnten. Die anderen Getriebeoptionen waren das sogenannte R tronic, ein automatisiertes Schaltgetriebe, sowie ab 2012 auch das Doppelkupplungsgetriebe S tronic. Der R8 war 2008 zudem das erste Fahrzeug, das mit Voll-LED-Scheinwerfern bestellt werden konnte. Audi stellte dem Coupé 2009 eine offene Variante zur Seite, den R8 Spyder.

Gebaut wurden alle Audi R8 in der Manufaktur Böllinger Höfe – und zwar größtenteils von Hand. Die Manufaktur nahe des Werks Neckarsulm hat Audi speziell für den ersten eigenen Supersportwagen errichten lassen.

Sondermodelle und Studien

Die erste Generation des R8 faszinierte seine Fans noch lange nach ihrer Premiere – unter anderem dank einiger Sondermodelle und Konzepte. Die bekanntesten Sondermodelle sind das Audi R8 GT Coupé und der R8 GT Spyder mit einem auf 560 PS erstarkten V10-Saugmotor. Diese Modelle wogen zudem rund 100 Kilogramm weniger als die normalen R8-V10-Modelle und legten ihren Fokus erheblich klarer auf den Rennstreckeneinsatz. Davon zeugen der Überrollbügel und das Feuerlöschsystem. Beide Varianten, Coupé und Spyder, waren auf 333 Exemplare limitiert.

Eine Studie, die es nicht in die Serienproduktion geschafft hat, war der R8 mit V12-Turbodieselmotor, der R8 V12 TDI concept. Hintergrund: In den 2010er-Jahren war Audi mit dem R10 TDI in Le Mans erfolgreich und wollte die bis dato in Sportwagen nicht existente Dieseltechnologie etablieren. 500 PS und ein maximales Drehmoment von 1.000 Newtonmetern versprachen Sprintwerte auf 100 km/h in etwa vier Sekunden – bei einem Durchschnittsverbrauch von weniger als zehn Litern.

Die finale Evolutionsstufe der ersten R8-Generation war der 2014 erschienene Audi R8 LMX, ein auf 99 Exemplare limitiertes Sondermodell, das sich – wie der R8 GT einige Jahre zuvor – vom Rennsport inspirieren ließ. Mit 570 PS spurtete der R8 LMX in 3,4 Sekunden auf 100 km/h und war damals das schnellste Serienfahrzeug von Audi. Eine Besonderheit war auch das sogenannte Laser-Fernlicht, das der R8 LMX als erstes Serienfahrzeug überhaupt nutzte. Jeweils ein Laser‑Modul pro Scheinwerfer erzeugte einen Lichtkegel mit der doppelten Leuchtweite des verbauten Voll‑LED‑Scheinwerfers.

Vom ersten R8 produzierte Audi im Werk Neckarsulm in acht Jahren Bauzeit etwas mehr als 26.000 Exemplare.

Der Audi R8 als Hollywood-Filmstar

Sein charakterstarker Auftritt und nicht zuletzt das hollywoodreife Design verhalfen dem Audi R8 zu Filmrollen in zahlreichen Blockbustern. Sein berühmtestes Gastspiel feierte der R8 als Kompagnon von Marvel-Held Tony Stark – auch bekannt als „Iron Man“. In allen drei Filmen fährt Stark, gespielt von Robert Downey Jr., einen Audi R8 der ersten Generation, im dritten Teil einen elektrischen R8 e-tron.

Der R8 der zweiten Generation tritt ebenfalls in Marvel-Filmen auf, wie zum Beispiel in „Captain America: Civil War“ von 2016 oder in „Spiderman: Homecoming“ von 2017.

Im Science-Fiction-Streifen „I, Robot“ von 2004 fährt Hauptdarsteller Will Smith alias Del Spooner einen Supersportwagen, der in seiner Grundform an den Audi R8 erinnert. Dieser futuristische Sportler hieß Audi RSQ Concept und wurde vom Designteam um den damaligen Designchef Walter De Silva extra für diesen Film entworfen.

Die zweite Generation des R8 wurde 2015 enthüllt

Auf dem Genfer Autosalon 2015 präsentierte Audi den Nachfolger des mittlerweile in der Supersportwagenwelt etablierten R8. Wie die erste Generation basiert der neue R8 in seinen Grundzügen auf einem Lamborghini: auf dem Huracán aus dem Jahr 2014. Äußerlich war der neue R8 eine Evolution des Vorgängermodells. Markante Erkennungszeichen blieben die Front mit den neuen Voll-LED-Scheinwerfern und die charakteristischen Sideblades. Das neue Design war deutlich kantiger und noch harmonischer als bei der ersten Generation.

Prägend war bei der zweiten Generation vor allem das von Lamborghini stammende V10-Aggregat. Im R8 gab es diesen Saugmotor zunächst in zwei Leistungsstufen, mit 540 oder 610 PS, die Gänge wechselte stets ein 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe. Von 0 auf 100 km/h ging es mit dem 610 PS starken R8 in 3,2 Sekunden, maximal waren 330 km/h möglich. Auch der neue R8 übertrug vor der Modellpflege 2019 seine Kraft via quattro Allradantrieb auf alle vier Räder.

Erstmals auch mit Hinterradantrieb

Allerdings gab es bei der zweiten Generation noch eine Besonderheit, die bei Straßenfahrzeugen von Audi ein Novum darstellte: Mit dem Audi R8 V10 RWS zeigte Audi erstmals in der Firmengeschichte eine ausschließlich hinterradgetriebene Variante, die etwas leichter war als die Allradversion. Nach dem Facelift 2019 kam eine Leistungsvariante des V10-Triebwerks mit 570 PS und der allradgetriebene Audi R8 V10 Performance erstarkte auf 620 PS. Die Kundschaft hatte die Wahl aus unterschiedlichen Allrad- und Hinterradantriebvarianten.

Ein absoluter Rennstreckenspezialist war hingegen der auf 333 Exemplare limitierte Audi R8 V10 GT RWD, ein hinterradgetriebenes Sondermodell mit vielen Aerodynamik-Maßnahmen wie Front-Splitter, Flics oder einem großen Heckflügel. Der R8 V10 GT RWD leistete 620 PS und ist damit bis heute der stärkste hinterradgetriebene Audi aller Zeiten.

Weltweite Erfolgsserie im Kundenmotorsport

Nicht nur auf der Straße begeistert der Sportwagen viele Fans. Von beiden Generationen des Audi R8 hat Audi Sport customer racing insgesamt 454 Rennwagen für den 2009 neu etablierten Bereich Kundensport gebaut. Allein 313 Exemplare entfallen dabei auf die im Sportwagensektor dominante GT3-Variante. Nicht weniger als sieben Mal triumphierten Kundenteams von Audi Sport customer racing beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring, hinzu kommen elf weitere Gesamtsiege bei internationalen 24-Stunden-Rennen.

Mit der Ausdifferenzierung für die Kategorien GT3, GT2 und GT4 war Audi in Meisterschaften rund um den Globus eine feste Größe: Teams in Amerika, Australien, Asien, Europa und Afrika haben insgesamt 368 Meistertitel in 16 Jahren gefeiert. Die GT-Rennwagen verhalfen Audi zu einem noch ausgeprägteren sportlichen Profil, machten die Marke auch auf der Rennstrecke erfahrbar und bleiben weiterhin im Privateinsatz in Kundenhand schnelle und beliebte Botschafter der Marke Audi.

Am 22. März 2024 wurde in den Böllinger Höfen der letzte Audi R8 gebaut. Der R8 in Vegasgelb bekommt einen Platz in den heiligen Hallen des Audi Museums in Ingolstadt.