Das Audi Design-ABC
Was machen eigentlich „Color & Trim“-Expert_innen? Wozu dient ein Moodboard? Worum geht es beim Package? Ein Nachschlagewerk zu wichtigen Alltagsbegriffen aus der Audi-Designwelt.
Clay: Der spezielle Industrieton kommt überwiegend in der Automobilindustrie im Modellbau zum Einsatz. Bei dem Material handelt es sich um eine hellbraune Knetmasse auf Wachsbasis, auch Plastilin genannt. Vor der Verarbeitung wird es zunächst auf 50 Grad Celsius erhitzt. In diesem butterweichen Zustand lassen sich Detailarbeiten an den Oberflächen per Hand oder mithilfe von Fräsmaschinen oder Modellierwerkzeugen wie Raspeln, Schaben, Schneiden, Formgeben oder Glätten durchführen. Das Besondere an Clay: Es härtet und trocknet nicht aus und ist immer wieder verformbar. So können Modelle auch nach einer Lagerzeit weiterbearbeitet werden. Clay-Modelle werden bei Audi im Maßstab 1:1 oder 1:4 hergestellt.
Concept Car: In regelmäßigen Abständen stellt Audi Konzeptfahrzeuge vor – bisweilen als Vorläufer kommender Serienmodelle, oftmals weit in die Zukunft vorausgreifend. Dabei handelt es sich um Innovationsträger, die für eine gestalterische Vision stehen oder neue Technologien präsentieren.
Color & Trim: Das Bedürfnis der Kundschaft nach individuell konfigurierbaren Fahrzeugen wächst stetig. Eine stilsichere Auswahl kombinierbarer Farben und Materialien im Innenraum gewinnt daher an Bedeutung. Für die harmonische und emotionale Gestaltung der Oberflächen, die innen und außen zu sehen sind, greifen die „Color & Trim“-Designer_innen auf Hunderte von Farb-, Stoff-, Leder-, Holz- oder Metallmuster zurück. Wie die aktuelle Entwicklung zeigt, richtet sich die Aufmerksamkeit der Kund_innen dabei zusehends auf nachhaltige und recycelte Materialien. So bietet der Audi e-tron GT ein komplett lederfreies Interieurpaket an. Die Ausstattung besteht aus recycelten Materialien. Sprich: aus Polyester und Webresten mit fein genarbtem Kunstleder und nachhaltig produziertem Textil. Diese Kombination liefert einen Melange-Effekt und ist von der Haptik her wie Wolle – natürlich und angenehm. Teppich und Fußmatten sind in dieser Ausstattung aus recycelten Econyl-Fasern gefertigt.
C3-Prozess: Das Audi Design nutzt die Möglichkeiten der Digitalisierung, um Ideen schnell und anschaulich zu visualisieren und so den Weg von der ersten Skizze bis hin zum fertigen Serienmodell bei höherer Qualität zu verkürzen. C3 steht dabei für CAD, Concept, Claymilling – drei zentrale Komponenten der digitalen Designphase.
Datenkontrollmodell: Das digitale Datenkontrollmodell bringt die Vorstellungen von Design und die technische Machbarkeit in der Konstruktion in Einklang. Mit dieser optischen Simulationslösung lassen sich aktuelle Designstände und Bauteile von In- und Exterieur in Sekundenbruchteilen berechnen und darstellen. Auf Basis des Datenkontrollmodells werden eventuelle Fehler oder gewünschte Optimierungen besprochen und das Fahrzeug final abgenommen.
Design-Freeze: Nachdem der Produktentwicklungsprozess bei Audi vier Jahre vor der Premiere des neuen Modells startet, wird das Design zwei Jahre vor dem Serienstart mit all seinen Spezifikationen auf diesem Stand „eingefroren“. Ab diesem Zeitpunkt befindet sich das Design in der Realisierungsphase und erhält seinen letzten Feinschliff in Zusammenarbeit mit der Abteilung Strak (siehe Begriffsdefinition). Diese Phase wird in der Regel zwei Jahre vor der Serienproduktion eingeläutet.
Design-Lastenheft: Das stilistische Lastenheft enthält eine Reihe von Vorgaben, die richtunggebend die Designentwicklung definieren. Dazu gehören etwa soziodemografische Angaben über die Zielgruppen, die das Fahrzeug adressiert, oder über das entsprechende Produktumfeld, in das sich der Entwurf einfügen soll.
Design-Modell: Das 3D-Modell im Maßstab 1:4 oder in voller Größe als 1:1-Modell dient der Beurteilung und Entscheidungsfindung. Bei Audi entsteht das Modell standortübergreifend in virtuellen Räumen. Die finale Freigabe erfolgt jedoch am Clay-Modell. Im Unterschied zum Prototypen ist das Design-Modell ein reines Ansichtsmodell ohne technische Ausstattung und Funktionen.
Hartmodell: Im Unterschied zum Clay-Modell ist das Hartmodell ein Ansichtsmodell aus Kunststoff, das eine hohe Detailgenauigkeit aufweist. So trägt es bereits viele realistische Anbauteile wie Chromzierleisten, Lampen, Dichtungen und Kühlergrillelemente.
Moodboard (engl., mood = Stimmung, board = Tafel): Ob Fahrzeug, Produktverpackung oder Haute Couture – Moodboards werden heute branchenübergreifend von Designer_innen eingesetzt. Die Collagen dienen dazu, alles zusammenzutragen, was die Kreativen zu einem Thema anspricht oder anregt. Dazu gehören Dinge aus der Natur, Zeitungsschnipsel, Bilder, einzelne Wörter oder auch kurze Textpassagen. Die Collage weckt Assoziationen bei den Designer_innen und inspiriert sie zu neuen Ideen. Gleichzeitig dienen Moodboards den Designteams von Audi als gemeinsame Visualisierungsgrundlage und sind Ausgangspunkt für konkrete Entwürfe.
Package: Die Grundlage für jedes Design ist das so genannte Package, gewissermaßen die technische Architektur der Formgebung. Es gibt dem Design alle technischen Vorgaben mit auf den Weg. Auf dieser Basis werden die Entwürfe so umgesetzt, dass Dimensionen und Proportionen passen.
Prototyp: Der Prototyp ist ein fahrbereites Vorserienfahrzeug, das einzeln angefertigt wird.
Rapid Prototyping: Ist ein Sammelbegriff für diverse Verfahren, mit denen anhand von CAD-Daten Musterbauteile und Prototypen besonders schnell gefertigt werden. Dazu zählt unter anderen das 3D-Druckverfahren Polygrafie. Zur Fertigung eines Werkstücks wird hierbei auf einer Bauplattform durch Druckköpfe Schicht für Schicht ein Photopolymer aufgespritzt und anschließend mit UV-Licht ausgehärtet.
Rendering: Eine computergenerierte, grafische Darstellung, die von einer Skizze, einem Modell oder CAD-Daten abgeleitet wurde.
Showcar: Speziell entwickeltes Fahrzeug, um die öffentliche Resonanz zu testen. Wird hauptsächlich auf internationalen Automobilausstellungen präsentiert. Oft kündigt ein Showcar bei Audi kommende Serienmodelle an, so wie 2017 der Audi prologue concept Designideen aus der folgenden Oberklasse-Generation mit A8, A7 und A6 interpretierte.
Sitzkiste: Eine Sitzkiste ist ein 1:1-Modell für die Darstellung und Gestaltung des automobilen Innenraums. Auf den Sitzen können die Designer_innen und Probanden ganz normal Platz nehmen. Mithilfe der Sitzkiste lassen sich unter anderem ergonomische Ansätze und „Color & Trim“-Entwürfe im Interieur beurteilen und auswählen.
Strak-Daten: Die Daten bilden die Brücke zwischen Design und Konstruktionsabteilung. Im finalen Konvergenzprozess werden sämtliche Oberflächen im Interieur und Exterieur eines Modells auf hundertstel Millimeter genau digital geometrisch dargestellt.
Tape: Tape wird als Kurzbezeichnung für „Tape Rendering“ verwendet und bezeichnet eine Darstellungstechnik. Mithilfe von flexiblen schwarzen Klebebändern, die an Clay-Modellen angebracht werden, lassen sich Fahrzeugentwürfe im Maßstab 1:1 oder 1:2 visualisieren. Vorteil: Linien und Flächen lassen sich durch einfaches Ablösen des Klebebandes verändern.
UX-Design: UX-Design ist die Kurzbezeichnung für User Experience Design. Im Mittelpunkt von UX steht das benutzerzentrierte Design („User Centered Design“), um die Mensch-Maschine-Schnittstelle im Cockpit möglichst optimal für die Passagiere zu gestalten und ein gesamtheitliches Erlebnis zu schaffen.
UI-Design: UI-Design, eine Teildisziplin vom UX-Design, ist die Kurzbezeichnung für User Interface Design und konzentriert sich auf die Benutzeroberflächen wie Display, Dashboard und Menüführung.
Virtual Reality: Als virtuelle Realität wird eine computergenerierte Nachbildung der Wirklichkeit bezeichnet, die mittels spezieller Datenbrillen simultan von Teilnehmer_innen selbst an unterschiedlichen Orten erlebbar ist. Das Audi-Designteam nutzt diese Technologie, um abteilungs- und standortübergreifend 3D-Modellentwürfe interaktiv abzustimmen.