Die quattros im Rallyesport
Zurück zur ÜbersichtDie Gruppe B mit ihrem freizügigen Reglement war wohl die bis heute innovativste Ära im Rallyesport; im High-Tech-Wettrüsten jener Zeit peitschten die beteiligten Teams sich und die Entwicklung extrem schnell voran. Schon in der Saison 1981, in der sich Audi zum ersten Mal engagierte, deutete der quattro seine Überlegenheit an. Der Finne Hannu Mikkola gewann zwei Läufe und wurde Dritter der Fahrerwertung, obwohl das Auto anfangs noch an Kinderkrankheiten laborierte. Und die Französin Michéle Mouton siegte als erste Frau in einem WM-Lauf, bei der Rallye San Remo.
1982 jedoch setzte die Truppe aus Ingolstadt den Markenslogan „Vorsprung durch Technik“ mit aller Macht um. Mikkola, Mouton und der Schwede Stig Blomqvist holten in den elf Läufen sieben Siege; am Ende stand der Marken-WM-Titel. In der folgenden Saison landete Audi in der Herstellerwertung auf Rang zwei, Mikkola jedoch sicherte sich mit vier Laufsiegen die Fahrer-Weltmeisterschaft. 1984 gelang endlich das Double; Blomqvist stellte den Fahrertitel mit fünf Siegen sicher. Die Saison hatte schon mit dem Paukenschlag eines Audi-Dreifachsiegs begonnen - in Monte Carlo setzte sich der frisch verpflichtete Walter Röhrl in einem atemberaubenden Duell vor seinen skandinavischen Teamgefährten durch.
Im Lauf des Jahres jedoch fand der bislang haushoch überlegene quattro neue, starke Gegner - den Peugeot 205 T 16 etwa, das erste pure Rennauto mit einem Mittelmotor auf den Rallyepisten. Viel sprach dafür, auf ein ähnliches Konzept umzurüsten; ein entsprechender Prototyp entstand. Zuletzt jedoch verwarf Audi das Projekt, um die Nähe zu den Serienautos nicht aufzugeben.
Stattdessen debütierte Ende 1984 der Sport quattro mit seinem 331 kW/450 PS starken Frontmotor im Wettbewerb - ein Versuch, den quattro durch die drastische Radstandsverkürzung von 32 cm leichter und wendiger zu machen.
Dem Sport quattro waren jedoch keine durchschlagenden Erfolge mehr beschieden, auch nicht mehr in seiner letzten Evolutionsstufe, als so genannter S 1. Aber dessen Technik schrieb sich in die Historie des Rallyesports ein, wegen ihres extremen Charakters. Der Alu-Fünfzylinder leistete offiziell 350 kW/476 PS; mit dem Umluftsystem, das den Turbo besser am Laufen hielt, dürften es über 500 PS gewesen sein, die um 8000 U/min zur Verfügung standen. Mit der mittleren Übersetzung beschleunigte der 1090 Kilogramm schwere S 1 in 3,1 Sekunden auf Tempo 100. Einige Exemplare besaßen bereits unter Last schaltbare Getriebe, Vorläufer der heutigen DSG-Technologie. Als Skelett des Autos diente ein mit Stahlblech und Kunststoff beplankter Gitterrohrahmen; der Gewichtsverteilung zuliebe saßen die Kühler, die Lüfter und die Lichtmaschine im Heck. Mächtige Flügel und Spoiler verbesserten den Abtrieb auf schnellen Etappen, die Bremsen konnten mit Spritzwasser gekühlt werden.
Das Ende der Gruppe B mit ihrer ans Limit getriebenen Technik zeichnete sich im Frühjahr 1986 ab. Audi zog sich daraufhin aus der Serie zurück. Nach schweren Unfällen beschloss der Weltverband FISA schließlich den Umstieg auf das seriennahe Gruppe-A-Reglement. Dem S 1 aber blieb noch ein allerletzter Triumph vergönnt: 1987 stürmte Walter Röhrl mit 441 kW/600 PS Leistung die 156 Kurven des Pikes Peak in Colorado hinauf auf 4301 Meter Höhe. Nach den Siegen von Michèle Mouton und Bobby Unser feierte Audi damit den dritten Erfolg in Serie bei dem großen amerikanischen Bergrennen, dem „Race to the Clouds“ Die Bestzeit auf 10:47,85 min wurde jahrelang nicht wieder erreicht.
Keine Frage: Die Ära Audi quattro hat den Rallyesport bis in die Gegenwart tiefgreifend verändert. Permanenter Allradantrieb und Frontmotorbauweise sind selbst heute noch das Erfolgsrezept in der Rallye-WM.