Von der Idee zum fertigen Auto: Hightech und Handarbeit im Audi-Design
Zurück zur ÜbersichtAm Anfang steht eine starke Idee, am Ende ein in sich stimmiges, faszinierendes Produkt. Die Verbindung zwischen Idee und Produkt spiegelt der Designprozess wider. Audi bringt wie in seinen Autos das Beste aus zwei Welten zusammen: Die digitale Design-Manufaktur vereint modernste digitale Visualisierungstechniken mit einem Höchstmaß an handwerklicher Präzision. Zentrales Element des neuen Design-Ablaufs ist der sogenannte C3-Prozess. Dank fotorealistischer Visualisierung in Echtzeit können die Designer die Designbewertung bereits am Bildschirm vornehmen.
Audi bringt immer mehr neue Modelle und neue Technologien auf die Straße. Damit stehen die Designer vor der Herausforderung, immer mehr Designentwürfe in kürzerer Zeit zur Serienreife zu entwickeln. Mit mehr als 400 Beschäftigten hat das Audi-Design heute mehr als doppelt so viele Mitarbeiter wie im Jahr 2000. Gleichzeitig wickelt das Team fünfmal mehr Projekte ab und stellt sich steigenden technischen Anforderungen in Fahrzeugprojekten. Designvorstellungen und technische Package-Vorgaben müssen interdisziplinär abgestimmt werden. Aus diesem Grund hat das Audi-Designteam einen neuen Designprozess entwickelt, der CAD (Computer-Aided Design), 3D-Visualisierung und traditionellen Design-Modellbau sowie Claymodellieren verbindet. Das Resultat: Hohe Prozess-Sicherheit, ein stimmiger Design-Entwurf und mehr Flexibilität für kreative Design-Ideen.
Portfolio- und initiale Phase
In der Regel beginnt der Designprozess bei Audi etwa fünf Jahre vor dem Start eines neuen Modells. Zu Beginn schaffen die Designer die grundlegende Formensprache und Designcharakteristika einer ganzen Modell-Familie. Meist ist ein gemeinsamer Technikbaukasten die Basis für die Designentscheidungen in der grundlegenden Portfolio-Phase. Hier sind die Designer zusammen mit den Kollegen aus dem Vertrieb und der Technischen Entwicklung tief in die strategische Produktplanung des Unternehmens eingebunden.
Wie gut passt ein neuer kompakter SUV zu einem schon existierenden mittelgroßen Modell? Welche Ableitungen sind vorstellbar und welche sinnvoll? Aus einer Matrix der unterschiedlichen Anforderungen – Segment, Auslegung, Gestaltung, Kunden- und Marktanforderungen – entstehen zunächst mehrere Portfoliomodelle. Bei diesen Modellen im Maßstab 1:10 spielt das spätere Package noch eine untergeordnete Rolle. Sie vermitteln vor allem einen ersten Eindruck eines Design-Themas in verschiedenen Fahrzeugsegmenten, etwa bei einer Limousine, einem SUV oder einem Coupé. Die Modelle entstehen auf Basis von CAD-Daten durch Fräsen von Ureol-Kunststoff oder mit einem 3D-Drucker nach dem „Rapid Prototype“-Verfahren.
Der Designprozess eines Serienmodells startet mit der sogenannten initialen Designphase. Dieser Abschnitt ist auf drei bis vier Monate Dauer ausgelegt. Hier arbeiten die Audi-Designer in enger Abstimmung mit den Studio-Ingenieuren, den Ingenieuren aus der Konzeptentwicklung und den Vertriebs-Experten. Im Ergebnis setzen sie das technische Groblayout in ein 1:1-Architekturmodell um. Diejenigen Größen, die das Volumen und die Proportion bestimmen, stehen dabei im Fokus, beispielsweise der Radstand und die Höhenlage der Motorhaube oder grundlegende Technik- und Package-Bestandteile wie etwa die Position der Fahrzeugsensorik.
Das Architekturmodell im Maßstab 1:1 wird aus einem dichten Polyurethan-Schaum gefräst und anschließend lackiert. Das finale Exterieurdesign spielt bei diesem Modell noch keine Rolle. Es ermöglicht den Designern einen ersten Abgleich ihrer Gestaltungs-Vorstellungen mit dem künftigen Produkt. Außerdem erlaubt das Modell, Modifikationen abzuschätzen, die aufgrund der technischen Anforderungen nötig werden.
Den Designern liefern die Erkenntnisse aus dem Architekturmodell eine sichere Grundlage für die nachfolgende Skizzenphase. Die exakten technischen Vorgaben schränken somit die Kreativität der Designer nicht ein, sondern leiten diese vielmehr entlang des technisch Machbaren: Sind die technischen Rahmenbedingungen geklärt, können sie ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Dank der präzisen technischen Vorgaben können die Designer von Anfang an passende Konzept-Entwürfe realisieren. Das Design, an dem sie arbeiten, wird schneller erlebbar als früher, die Designqualität noch höher.
Entwurfsphase
Im anschließenden Design-Briefing entwickeln Designer und Vertriebs-Experten ein gemeinsames Leitmotiv in Wort und Bild. Hier geht es darum, die Package-Informationen und das bisher erarbeitete Grundlagenwissen zu verfeinern. Wichtigen Input liefern Teams aus dem Audi-Vertrieb, die den Markt, den Wettbewerb und die Erwartungen der Kunden analysieren. In der rund zwei Monate andauernden Skizzenphase, gestalten die Designer traditionell mit Stift und Papier und digital mit elektronischen Zeichenboards. Mehrere Exterieur-Designer arbeiten im kollegialen Wettbewerb miteinander, meist sieben beim Interieur und acht oder neun beim Exterieur. Die stärksten Exterieur-Ideen schaffen es in den nächsten Prozessabschnitt, den sogenannten C3-Prozess.
Digitale Designphase
Die sogenannte digitale Designphase ist auf die Konzeption des neuen Audi-Design-Centers abgestimmt. Sie besteht aus den drei Komponenten CAD, Concept, Claymilling – oder kurz: „C3-Prozess“. Der Prozess umreißt eine neue Form der Zusammenarbeit zwischen CAD-Formgestaltern und Exterieur-Designern. Basis für die neuen Designentwürfe ist das CAD-Architekturmodell aus der initialen Designphase. Die CAD-Entwürfe erscheinen in Echtzeit fotorealistisch auf der 1:1-LED-Leinwand und können auf ihre Stimmigkeit hin überprüft und zeitnah in ein physisches 1:1-Referenzmodell übertragen werden.
„Mit der Highend-Visualisierung des C3-Prozesses traue ich mir zu, eine Design-Bewertung bereits digital zu treffen“, sagt Marc Lichte. Die hohe Rechenleistung eines Rechenclusters ermöglicht es, die jeweils aktuellen Designstände in Sekundenschnelle zu berechnen und fotorealistisch darzustellen. Zudem erlaubt das direkte Überführen des digitalen Designabbildes in ein physisches Referenzmodell den permanenten Abgleich zwischen fotorealistischer Darstellung im digitalen Modell und physischem 1:1 Volumen-Modell. Das Clay-Referenzmodell dient zusätzlich als physische Diskussionsgrundlage zwischen Designer und CAD Formgestalter und „dreidimensionalen Skizzenblock“.
Die Verbindung von digitaler Modellierung und Clay-Fräsung im C3-Prozess ermöglicht einen rascheren Fortschritt bis zum finalen Designentwurf bei gleichbleibend hoher Detailqualität und Entscheidungssicherheit. Zugleich erlaubt der Prozess flexible und schnelle Reaktionen auf Änderungswünsche. Damit leistet der neue Designprozess einen wichtigen Beitrag zur Unternehmensstrategie in Punkto Digitalisierung und Nachhaltigkeit.
Die heutige Rechenleistung macht fotorealistische Darstellungen in Echtzeit möglich und erlaubt es, Designentwürfe digital zu beurteilen. Das neue Audi-Design-Center bietet die besten Voraussetzungen dafür: Fünf LED-Wände mit Präsentationsflächen von 5,5 Meter bis zu 11 Meter Breite und sehr hoher Auflösung zeigen neue Modelle detailgetreu. Das Rechencluster wird vom Audi-Design, der Strak-Entwicklung, also der Schnittstelle zwischen Design und Konstruktion, und dem Datenkontrollmodell (DKM) gemeinsam genutzt und ermöglicht optische Simulationen der Designdaten in Echtzeit. Dieses Cluster besteht aus 480 zusammengeschalteten Knoten („nodes“) und seine Rechenleistung entspricht der Performance von rund 4.300 Notebooks.
Die Visualisierungssoftware für die Darstellung auf der LED-Wand arbeitet nach dem sogenannten Ray-Tracing-Prinzip. Mithilfe dieses vektorbasierten Strahlverfahrens werden optische Effekte wie Licht, Schatten, Spiegelung und Brechung physikalisch korrekt berechnet und dargestellt. Ob Barcelona an einem sonnigen Septembertag um 19 Uhr oder Kapstadt im Januar um die Mittagszeit bei bedecktem Himmel – die Software zeigt die neuen Audi-Modelle in jeder gewünschten Lichtsituation und in jeder beliebigen Kulisse. Sie gibt die Tiefe des Lacks und den Glanzgrad der Oberflächen exakt wieder.
Die Rechenpower erlaubt es, virtuelle Modelle in Echtzeit fotorealistisch zu betrachten oder auch nach kurzer Animationszeit in verschiedenen Ansichten zu drehen oder in unterschiedlichen Szenarien fahren zu lassen.
Durch den Rechencluster können die Designer einem neuen Modell digital einen breiteren Seitenschweller verpassen und sehen sofort die Auswirkungen am digitalen Modell: Änderungen in Punkto Proportionen, Überhänge und Schattenwurf lassen sich zeitnah visualisieren, etwaige Unstimmigkeiten werden nicht erst beim physischen Claymodell entdeckt. Die Prozess-Sicherheit steigt damit deutlich.
Die 3D-Visualisierung ermöglicht auch dynamische Fahraufnahmen und Fahrsimulationen. Für diesen Einsatzzweck werden VDEF-Modelle (virtuelles Design Erlebnis Fahrzeug) erstellt. Diese animierten Fahrmodelle vermitteln dank ihres Detailierungsgrades bereits virtuell einen Eindruck darüber, ob ein Design-Entwurf stimmig ist und wie er sich dynamisch in einem virtuellen Fahrszenario verhält. Die vDEF-Modelle können beispielsweise auf dem Audi Testgelände in Neuburg ihre Runden drehen. In die Simulation fließen alle physikalischen Gegebenheiten ein, etwa Fahrbahnunebenheiten und Aufbaubewegungen. So können am fahrenden Modell alle Design-Details auf ihre Stimmigkeit hin überprüft werden –vom Schattenwurf bis zur Lichtreflexion bei unterschiedlichen Fahr- und Wetterzuständen.
Auch im Interieur ermöglichen vermehrte optische Simulationen den noch exakteren Einsatz von Materialien wie Lacken, Leder und Stoffen. Die nochmals gesteigerte Darstellungsqualität erlaubt auch hier zukünftig finale Bewertungen am digitalen Modell.
Der C3-Prozess von Audi bringt das Beste aus zwei Welten zusammen: Die CAD-Fräsmaschine ist schneller als der Mensch, sie arbeitet auf einen Zehntel Millimeter genau, und sie kennt keine Ruhepausen. Ein CAD-Formgestalter erarbeitet das Datenmodell am Rechner, die Fräsmaschine setzt seine Vorgaben am Clay-Modell um. Im neuen Design-Center gibt es 20 dieser Anlagen mit schwenkbaren Fräsköpfen.
Für das letzte Finish, das entscheidende Quäntchen Emotion bleiben nach dem C3-Prozess die Augen und Hände der Designer und Modelleure verantwortlich. Ihre Handwerkskunst ist in der Manufaktur-Designphase für Audi unerlässlich.
Manufaktur-Designphase
Der permanente Abgleich zwischen Daten- und Clay-Modell verhilft der Manufakturarbeit zu einer noch stabileren Grundlage. Über alle Veränderungsschritte hinweg dient das Clay-Modell als physische Referenz, auch für die Diskussion zwischen Formgestaltern und Designern. So ist es möglich, neue Design-Stände im Team kurzfristig am digitalen Modell und am physischen Modell zu besprechen und Änderungen schnell einzuarbeiten. Umgekehrt können Änderungswünsche schnell vom Clay-Modell in das CAD-Modell übertragen werden.
Das im C3-Prozess bestätigte Design gestalten die Clay- und CAD-Formgestalter von Audi im nächsten Schritt zu einem Manufakturmodell. Das nicht sichtbare Gerippe der Clay-Modelle besteht aus einem Stahlrahmen mit höheneinstellbarem Fahrwerk, einer Holzbeplankung und einem Aufbau aus Hartschaum. Die darüber liegende Schicht aus Industrieplastilin ist etwa 30 bis 40 Millimeter stark. Solange dieser „Clay“ im Laborofen gelagert wird, ist er weich wie warme Butter. An der Luft der Modellhalle härtet er rasch so aus, dass der Modelleur ihn mit diversen Modellierwerkzeugen bearbeiten kann. Anbauteile– vom Singleframe-Grill über die Räder bis zum Leuchtenmodul – entstehen per Stereolithographie aus flüssigem Kunstharz.
Der Arbeitsablauf ist als iterativer Prozess zwischen CAD-Formgestaltung und klassischer Clay-Formgestaltung ausgelegt und bringt die Vorteile beider Welten perfekt zusammen. Die Synthese aus händischem Modellieren und CAD-Modellieren wird auch bei der Ausbildung der Mitarbeiter gelebt: Modelleure bei Audi lernen sowohl am physischen Modell als auch am Rechner und beherrschen danach CAD-Tools und den händischen Modellbau.
Interieur und Packaging
Das Interieur ist ein besonderes Aushängeschild des Audi-Designs. Die Synthese aus Design, Formensprache und Material im Innenraum ist einer der wichtigsten Kaufgründe für Audi-Kunden weltweit. So unterstreicht die Verbindung aus charakteristischem Interieur-Design, feiner Materialauswahl und innovativen Bedienkonzepten den Qualitätsanspruch der Marke mit den Vier Ringen.
Im Innenraum eines Audi folgt die gesamte Gestaltung des Interieurs einem zentralen Design-Thema: Dieses prägende Narrativ findet sich im gesamten Interieur wieder – von der grundlegenden Formgebung bis hin zur Gestaltung einzelner Details: Dieses Leitmotiv zieht sich durch von der Architektur des Armaturenbretts bis zu einzelnen Chromspangen.
Wesentlichen Anteil am stimmigen Interieur-Konzept hat der Audi-Designprozess. Das Audi Design verfügt hier über ein Alleinstellungsmerkmal im Automobil-Bereich: Die Interieur-Designer begleiten die Entwicklung eines Interieurs von der Ideen-Phase am Zeichenboard bis zur Serienproduktion. So ist die hohe Qualität des Design-Entwurfs vom „Key Sketch“ bis in die Produktion gewährleistet. Die Interieur-Designer arbeiten über den gesamten Entwicklungszyklus Disziplin- und Fachteam-übergreifend. In Fahrzeug-Projektteams stimmen sie sich ab - etwa mit den Kollegen aus der technischen Entwicklung, aus der Qualitätssicherung oder mit den Werkzeugmachern in der Produktion.
Nach dem gemeinsamen Designbriefing mit den Design-Teams Exterieur, Licht und GUI entstehen zunächst drei Anmutungsmodelle im Maßstab 1:1 aus Schaum. Anhand dieser Vorderwagen-Modelle ohne Dach, überprüfen Design und die Technische Entwicklung die Proportionen, die Ergonomie und das Package. Von der Klimaanlage über die Airbags bis zum LED-Lichtleiter gilt es im Innenraum zahlreiche Bauteile unterzubringen. Im Designprozess sind bis zu 50 Fachabteilungen eingebunden.
Zu Beginn der Designphase setzen sich sieben Designer – als Wettbewerber und Teamplayer zugleich – an die „Key Sketches“, um den Innenraum mit wenigen Linien zu zeichnen. Hier machen die klarsten Ideen das Rennen: Entwürfe mit einem Interieur aus einem Guss, die alle Elemente in Volumen und Proportion in einen logischen Zusammenhang bringen. Aus den Sketches werden im nächsten Schritt differenzierte Renderings. Mit deren Hilfe erarbeiten die Designer das Hauptthema für die einzelnen Elemente, wie beispielsweise die Gestaltung der Türverkleidung.
Im nächsten Arbeitsschritt kommen die sogenannten Design-Tapes zum Einsatz: Diese Klebestreifen sind auf 1:1-Zeichnungen aufgebracht und bilden die wichtigsten Linien ab. Parallel dazu wird das Interieur in CAD aufgebaut. Wenn das Datenmodell steht, beginnt die Fräsarbeit an den Clay-Modellen. Designer, CAD-Spezialisten und Modelleure entwickeln gemeinsam die endgültige Skulptur, von den großen Volumina in die kleinen Details. Das harmonische Gesamtbild eines Audi-Innenraums entsteht aus der Summe der stimmigen Details, die allesamt einer konsequent umgesetzten Idee folgen. Die letzten 20 Prozent des Design-Finishs machen 80 Prozent der Arbeit aus.
Viele Interieurdesigner von Audi sind Spezialisten, beispielsweise für Sitze, für sämtliche Bedienelemente oder für Innenbeleuchtung. Zur Beurteilung des Lichts entsteht ein eigenes 1:1-Modell. Auch hier bietet die Digitalisierung des Designprozesses zukünftig viel Potenzial, Design-Konzepte vom Entwurf noch schneller in die Serie zu bringen. Wie beim Exterieurdesign dienen Meilensteine zur Verdichtung und Auswahl eines finalen Modells. Dessen Packaging stimmen die Designer in der Feasibility-Prüfung mit dem finalen Exterieur-Modell ab.
Die Kollegen des Bereichs Feasibility erstellen auf Grundlage des jeweiligen Exterieur- und Interieurdesigns ein Kongruenzmodell. Sie bestätigen eine Machbarkeit mit Blick auf Produktion, Service, Sicherheit und Langzeitqualität. Gut zwei Jahre vor dem Start der Fertigung erfolgt der so genannte Design Freeze (DF) für Exterieur und Interieur. Ab diesem Zeitpunkt befindet sich das Design in der Realisierungsphase und erhält seinen letzten Feinschliff in Zusammenarbeit mit der Abteilung Strak. Letztere bildet quasi die Brücke zwischen Design und Konstruktionsabteilung und ist auch im neuen Designcenter angesiedelt. Seine Spezialisten stellen im finalen Konvergenzprozess sämtliche Oberflächen auf Hundertstel Millimeter digital geometrisch dar.
GUI-Design
Ein spezieller Bereich im Audi-Interieurdesign ist das GUI-Design (Graphical User Interface). Im neuen Audi A7 Sportback und im neuen A8 hat die Gestaltung der grafischen Benutzeroberfläche durch das Konzept der beiden MMI touch response-Displays stark an Bedeutung gewonnen. Das gilt für die Integration der Bildschirme in die Instrumententafel und für das Bedienkonzept. Mit dem Einzug volldigitaler Bediensysteme kommt der grafischen Gestaltung von Menü-Ebenen und Bedien-Icons eine integrative Bedeutung zwischen Exterieur- und Interieurdesign zu. Zunächst muss das Grafik-Design Ton-in-Ton zur Formensprache und Materialwelt des Interieurs passen. Außerdem muss die Menü- und Icon-Gestaltung so ausgelegt sein, dass Bedienlogik und Bediensicherheit gewährleistet sind. Mit der immer weiter steigenden Komplexität wird außerdem die Visualisierung von Fahrzeug-Funktionen wie Assistenzsystemen immer wichtiger. Somit unterstützt das GUI-Design auch das Technik-Erlebnis des Kunden.
Die GUI-Designer von Audi arbeiten eng mit den Kollegen aus der Technischen Entwicklung zusammen – beide Seiten erarbeiten das grundlegende Bedienkonzept in einem eigens dafür eingerichteten Projekthaus. Dabei klären sie grundlegende Fragen: Wie bauen wir den Menübaum auf? Welche Funktion muss wo verortet sein? Was ist die richtige Größe für ein Icon, damit es sicher aktiviert werden kann und gleichzeitig ins Designkonzept passt?
Das Grundlayout der Menüstruktur entsteht anhand einer sogenannten Wireframe-Tapete. Diese Übersichtsdarstellung ähnelt einem Stammbaum, und die GUI-Designer legen darin zusammen mit den Elektronik-Entwicklern den gesamten Menüaufbau des Bediensystems fest, vom Startbildschirm bis zur letzten Bedienebene.
Anschließend gestalten die Audi-Designer am Rechner hunderte von Widgets, Buttons, Schriften und Screens auf das Pixel genau. In Summe designen und programmieren sie bis zu 500 einzelne Bausteine.
Der neue Look des GUI-Designs ist flach, prägnant und gleichzeitig voller Liebe zu den kleinen Details, die "joy of use", Freude an der Bedienung, vermitteln. Im Hauptmenü sind beispielsweise alle Icons dezent animiert, das Symbol der Radiowelle etwa schwingt ganz leicht. Auch bei der Grafikgestaltung setzt Audi auf eine schlichte, hochwertig anmutende Formensprache: Das „Ghost-Design“ im MMI stellt dem Nutzer unterschiedlichste Fahrzeugfunktionen und Komfort-Features mit klaren Animationen übersichtlich dar. Die Fahrzeuganimationen etwa im Menü für Audi drive select sind bewusst auf die wichtigsten Konturlinien reduziert und veranschaulichen dem Kunden klar die ausgewählten Fahrzeugfunktionen, beispielsweise bei der Sitzeinstellung.
Audi hat seinen hohen Qualitätsanspruch aus der alten Welt der Schalter und Tasten in den neuen digitalen Kosmos übertragen. Zusammen mit dem zweistufigen haptischen Feedback – ein erster Klick beim Berühren der Bedienoberfläche, die zweite haptische Rückmeldung beim Auslösen des Bedienbefehls – generieren hochwertig und schlicht gestaltete Bedien-Icons den bekannt hohen Qualitätsanspruch der Marke.
Farben und Materialien
Wenn die ersten Schaum-Modelle von Exterieur und Interieur aufgebaut werden, starten die Designer von Colour and Trim in ein neues Projekt und nehmen die Arbeit an den Farb- und Materialkonzepten auf. Welcher Glanzgrad passt in welcher Ausstattungslinie für die Stege des Singleframes am besten? Wie harmonieren Dekorblenden, Zierleisten und Lederbezüge miteinander? Ergibt sich in Bereichen wie der Tür, wo viele Elemente aufeinandertreffen, ein harmonisches Gesamtbild?
Auch bei Colour and Trim entstehen größere Bauteile wie Instrumententafel, Mittelkonsole und Sitze als 1:1-Modelle. Speziell bei den Sitzen geht es um Nahtbilder, Steppung und Perforation sowie um die Farbverhältnisse. Die neuen High-End-Tools von Audi für die Visualisierung unterstützen auch beim Zusammenstellen dieser Elemente. Wichtigste Werkzeuge bleiben jedoch die Fingerkuppen mit ihrem feinen Gefühl und ein Auge mit einem Blick für kleinste Farbnuancen in Glanz und Tiefe. Diese Fähigkeiten voll auszubilden, dauert Jahre.
Die Modelle von Colour and Trim durchlaufen die üblichen Projektgates beziehungsweise Meilensteine des Audi-Designs. Etwa zwei Jahre vor Produktionsbeginn erfolgt die finale Definition. Sie ist der Startpunkt für die intensive Zusammenarbeit mit der Qualitätssicherung und den Lieferanten. Letztere werden bei jedem Projekt neu geschult, damit die Innenräume stets dem hohen Anspruch von Audi an Präzision und Qualität entsprechen.
Virtual Reality
Im Designprozess von Audi ist die High-End-Visualisierung an der LED-Wand die Gegenwart, virtuelle Realität (VR) ist der nächste Schritt. Die Methodenentwickler der Design-Abteilung entwickeln spezielle Tools und Methoden für den Einsatz von VR-Brillen, sogenannte Head Mounted Displays (HMDs), die den Betrachter optisch ganz in die dargestellte Szenerie versetzen. Speziell die Interieurdesigner können mit der Technik schon in der Konzeptphase Proportionen und Raumkonzepte erleben und sicher bewerten. Mit der Inbetriebnahme des neuen Design-Center visualisieren diese HMDs Raumkonzepte und Proportionen im Innenraum-Design. Dazu verfügen die VR-Entwickler über ein eigenes VR-Lab, in dem das Team gemeinsam mit den Designern die neuen Tools abstimmt.
Das Design stellt extrem hohe Ansprüche an die Darstellungsqualität. Stimmen die Reflexionen, die Spiegelungen im Lack, der Schattenverlauf der VR mit der Realität überein? Das Rechencluster ermöglicht diese Qualität auch in der VR Brille. Es liefert schnell vorberechnete, hochaufgelöste Bildinhalte, die dann von leistungsstarken HMDs dreidimensional dargestellt werden. Das ermöglicht auch Richtungsschwenks und Fingerzeige im virtuellen Raum. Die lebensechte Darstellung von Design-Modellen wird somit noch realistischer. In den kommenden drei bis fünf Jahren werden VR-Anwendungen zum Standard-Tool im Design-Prozess. Damit ergänzen Virtual-Reality-Tools die heutige digitale Design-Manufaktur um weitere virtuelle Anwendungen.
Schon jetzt zeichnen sich die übernächsten Schritte ab: Tools, mit denen der Betrachter in der Simulation Markierungen einzeichnen kann, und differenzierte Werkzeuge zum virtuellen Berühren und Versetzen einzelner Elemente. Augmented Reality legt errechnete Darstellungen über den realen Raum und ermöglicht den neuen Ansatz des Augenscannings: Nur diejenigen Objekte, auf die sich der Blick fokussiert, werden scharf dargestellt, alles andere unscharf, wie es dem natürlichen Sehverhalten entspricht.
In absehbarer Zeit werden VR-Brillen auch Design-Meetings über Kontinente hinweg ermöglichen und den Designprozess nochmals deutlich unterstützen. Dann treffen sich beispielsweise Audi-Designer aus Ingolstadt, Peking und Los Angeles in einem virtuellen Studio, um gemeinsam ein digitales Modell zu diskutieren und zu beurteilen. Aufwändige Modelltransporte oder Reisezeiten entfallen. Jeder Teilnehmer sieht in Echtzeit das gleiche virtuelle Modell und nimmt auch die anderen Besprechungsteilnehmer als sogenannte Avatare wahr. Avatare sind den einzelnen Teilnehmern im VR-Meeting jeweils als individuelle virtuelle Vertreter zugeordnet.
Auch Datenhandschuhe sind in Planung und werden mittels haptischem Feedback das „digitale Anfassen“ von virtuellen Modellen ermöglichen. VR-Meetings werden Videokonferenzen ersetzen und ganz neue Möglichkeiten bieten.
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